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Der Verlust der Artenvielfalt

Der Bericht des Weltbiodiversitätsrats von 2019 ist dramatisch. Die natürliche Vielfalt geht weltweit so stark zurück wie noch nie, seit der Mensch die Erde bevölkert. Der größte Treiber diese Verlustes ist die intensive Landnutzung. Insgesamt hat sich das globale Artensterben in einem Maße beschleunigt, dass es bald der Menschheit selbst an den Kragen gehen könnte. Der vorgelegte Bericht des Weltbiodiversitätsrats, der „Global Assessment Report“, umfasst etwa 1800 Seiten und wurde von 145 Wissenschaftlern aus 50 Ländern in mehreren Jahren intensiver Arbeit erstellt. Der Bericht zeichnet ein düsteres Bild. Von den derzeit noch geschätzt acht Millionen Tierarten sind etwa eine Million akut vom Aussterben bedroht. Schon heute leben auf der Welt durchschnittlich etwa 20 Prozent weniger Arten als zu Beginn des 20.Jahrhunderts. Sogar bei den Wirbeltierarten sind seit dem 16.Jahrhundert mindestens 680 Wirbeltierarten unwiederbringlich ausgestorben. Der Bericht zeichnet die wichtigsten Faktoren für das Artensterben auf. Das sind in absteigender Bedeutung die intensive Nutzung von Land und Meer, die direkte Nutzung von Pflanzen und Tieren, der Klimawandel, Vermüllung und Verschmutzung und die Ausbreitung invasiver Arten. Hier betonen die Autoren aber, dass in den nächsten Jahren der Klimawandel an die Spitze der Aufzählung rücken wird. Wesentlich hängen diese Entwicklungen mit dem rasanten Wachstum der Weltbevölkerung zusammen. So haben sich die landwirtschaftlichen Ernteerträge seit 1970 verdreifacht und der Holzeinschlag verdoppelt. Die in Städten bebaute Gesamtfläche ist inzwischen mehr als doppelt so groß wie 1992. Verzehnfacht seit 1980 hat sich sogar die Plastikmüll-Verschmutzung.

Beim Thema Biodiversität sind auch die Städte und Gemeinden gefordert dem Verlust der Artenvielfalt entgegen zu wirken. Das sollte bei der Anlage und Pflege von Grünanlagen beachtet werden. Nicht nur bei der Anpflanzung von Bäumen und Sträuchern mit heimischen Arten, sondern auch bei allen übrigen Anpflanzungen. Ein zunehmendes Problem in Ortschaften sind neuerdings Gärten, die treffend unter der Bezeichnung „Schottergärten“ oder „Betongärten“ firmieren. Weiße Flusskiesel, geschliffener Granit, grauer Betonstein, umzäunt mit einem Metallzaun. Scheinbar chic und modern, aber für die Artenvielfalt und sogar für das örtliche Klima ein Problem. Dazu einige Zierpflanzen und als naturnaher Höhepunkt ein Stück Rasen, auf dem alle paar Tage ein Rasenroboter sein Unwesen treibt. Für Hummeln, Bienen, Schmetterlinge und Singvögel ein steriler und lebensfeindlicher Bereich. Naturfreunde bezeichnen diese Gärten noch drastischer als „Gärten des Grauens“.

Eigentlich ist die Anlage solcher Gärten laut Brandenburger Baugesetz verboten, das ist im Paragraf 8 wie folgt festgelegt:

  1. Die nicht mit Gebäuden oder vergleichbaren baulichen Anlagen überbauten Flächen der bebauten Grundstücke sind a. wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen oder b. zu begrünen oder zu bepflanzen

In der Stadt Erlangen hat die Stadtverwaltung den „Betongärten“ ein jähes Ende bereitet, nachdem Appelle und Öffentlichkeitsarbeit zwecklos waren. Hier wurde die Grünflächengestaltungssatzung entsprechend angepasst und auf Privatgrundstücke ausgedehnt. Für neue Baugebiete besteht ein Verbot dieser Grundstücksgestaltung, ebenso bei Umbauten oder Neubauten in bestehenden Baugebieten. Die Städte Dortmund, Paderborn, Bremen und Heilbronn folgten dem Beispiel von Erlangen.

Nun hat auch ein erstes Bundesland in seiner Gesamtheit reagiert. Im Land Baden-Würthemberg ist die Anlage solcher Schotter/Betongärten verboten worden.

Jürgen Fritzsche